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Infoblatt Internationale Arbeitsteilung


Internationale Arbeitsteilung und ihre Folgen



Produktionsweg einer Jeans / Internationale Arbeitsteilung (Klett)

Als internationale Arbeitsteilung wird die grenzüberschreitende Aufteilung von Produktionsaktivitäten auf bestimmte Länder oder Ländergruppen verstanden. Dabei wird zwischen der klassischen und der neuen internationalen Arbeitsteilung unterschieden. Die klassische internationale Arbeitsteilung ist die Aufteilung der Welt nach Rohstofflieferanten und Konsumgüterproduzenten. In der Praxis bedeutete dies, dass arme, schwach industrialisierte Entwicklungsländer vornehmlich Rohstoffe (z. B. Erdöl aus Nigeria, Bananen aus Honduras) exportieren und reiche Industrieländer hingegen veredelte Produkte mit entsprechend höherem Mehrwert (z. B. Maschinen, Medikamente) herstellen. Diese Form hat sich über Jahrhunderte herausgebildet und ist weitgehend identisch mit der Aufteilung in Entwicklungs- und Industrieländer. Mittlerweile wird aber auch von einer neuen internationalen Arbeitsteilung gesprochen.


Neue internationale Arbeitsteilung

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts setzten sich zunehmend die Methoden des Taylorismus und Fordismus bei der Massenproduktion durch. Das bedeutet, dass eine funktionale Arbeitsteilung zwischen räumlich getrennten Unternehmenseinheiten möglich wurde. Bestimmte Unternehmensfunktionen konnten in den Regionen angesiedelt werden, in denen die dafür jeweils besten Standorteigenschaften vorzufinden sind. Aber nicht nur die Zerlegbarkeit der Produktionsprozesse, sondern auch verbesserte Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten und die gleichzeitige Verfügbarkeit von billigen Arbeitskräften sind die maßgeblichen Ursachen für die internationale Arbeitsteilung. Bekannte Beispiele sind die Textil-, Bekleidungs- und die Automobilindustrie. Unternehmen dieser Branchen haben ein weltumspannendes Produktionssystem geschaffen, was sich im Zuge von Outcourcing (Auslagerungen) und Global Sourcing (weltweite Bezugsquellen von Vor- und Zwischenprodukten) territorial weiter ausdifferenziert. Montage-Zweigwerke werden bevorzugt in Regionen mit einem großen Potenzial ungelernter Arbeitskräfte, geringem Lohnniveau und anderen Kostenvorteilen angesiedelt. Forschungszweigwerke dagegen in Regionen mit einem großen Potenzial an hochqualifizierten Arbeitskräften, Ballungsvorteilen, bedeutenden Forschungseinrichtungen und hochwertigen Lebensbedingungen. Durch diese räumlich-funktionale Arbeitsteilung, so die Vertreter dieser Sichtweise, ist eine Effizienzsteigerung innerhalb der Produktionsabläufe möglich.


Folgen der internationalen Arbeitsteilung

Die internationale Arbeitsteilung wirkt sich aber nicht nur auf die beteiligten Unternehmen aus, sondern auch auf die jeweiligen Regionen. Im Rahmen der Modernisierungstheorie wird davon ausgegangen, dass von dieser Entwicklung positive Impulse auf gering entwickelte Ökonomien ausgehen. Teilerfolge erzielten hierbei asiatische und lateinamerikanische Schwellenländer, in denen eine Neuindustrialisierung auf Basis von Exportprodukten vollzogen wurde. Doch in vielen Entwicklungsländern wurden die ausgelagerten Produktionsstätten nicht in den Binnenmarkt integriert. Die positiven Ausbreitungseffekte auf die benachbarten Regionen blieben aus. Somit trägt die internationale Arbeitsteilung in dieser Ausprägung kaum zu einer Armutsminderung und Wohlstandsmehrung bei. Besonders deutlich wird dies bei den Maquiladoras in Nordmexiko. Hier siedelten sich arbeitsintensive Unternehmen aus den USA an, um von den billigen Lohnkosten zu profitieren. Der Staat Mexiko unterstützte diese Entwicklung durch Steuervorteile, Infrastrukturprojekte und rechtliche Vereinfachungen. Zu den erhofften positiven Ausbreitungseffekten auf die benachbarten Regionen bzw. zu einem selbsttragenden Wirtschaftsaufschwung ist es aber nicht gekommen.
Die internationale Arbeitsteilung hat aber nicht nur Auswirkungen auf die Entwicklungsländer, sondern auch für die Industrieländer entsprechende positive oder negative Folgen. Die verlagerten Produktionsschritte sind meist arbeitsintensiv, was zu einem verstärkten Arbeitsplatzverlust in den Industrieländern führt. Ein Grund dafür sind die deutlich höheren Lohnkosten. So kann beispielsweise ein Call-Center problemlos aus den USA nach Indien verlagert werden. Gesunkene Telekommunikationskosten und perfekt Englisch sprechende Arbeitskräfte (die zudem für einen Bruchteil des Lohns arbeiten) machen diese Form der Verlagerung (Offshoring) möglich. In den westlichen Industrieländern dürfte hierdurch der Druck auf Löhne zunehmen. Außerdem verändern sich hier auch die Anforderungen an Bildung und Beruf. So wird die Flexibilisierung und Spezialisierung von Arbeitsabläufen und auch Arbeitskräften gefördert. In den Industrieländern bildet sich zunehmend eine arbeitsteilige Dienstleistungsgesellschaft heraus.


Staatliche Eingriffe

Angesichts des Arbeitsplatzverlustes und des Drucks auf die Löhne in den westlichen Industrieländern, besonders in Europa, wird schnell der Ruf nach protektionistischen Maßnahmen laut. Problematisch ist außerdem die zunehmend enge Kopplung der ökonomischen Effekte verschiedener Volkswirtschaften im Welthandel. Häufig wird jedoch übersehen, dass die internationale Arbeitsteilung Vorteile mit sich bringt, wie z. B. niedrige Preise, besseren Service und ein größeres Produktangebot. Im internationalen Wettbewerb spielen überdies nicht nur die Lohnkosten und Steuern eine Rolle, sondern auch z. B. politische und soziale Stabilität, gute Ausstattung mit öffentlicher Infrastruktur, Qualität der Bildung und nicht zuletzt auch die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer. Eine Vereinheitlichung der Steuer- und Sozialsysteme als internationale Maßnahme ist deswegen weder sinnvoll noch realisierbar. Ebenfalls würden nationale Strafzölle oder Sanktionen für outsourcing-willige Unternehmen kontraproduktiv auf den gesamten Welthandel wirken.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 25.05.2012
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